Freitag

Freitags

Die Schüler gehen in den Mumienraum, rund um die Mumie bildet sich eine Traube von Schülern, die beginnen durcheinander zu reden, sind fasziniert und beeindruckt, außer einem Schüler. Der, mit der dunkelsten Hautfarbe von allen. Er ist still, vor sich hin meditierend, zu den Mumien und ihren Gesichts- und Körperzügen gewandt, bis er zur Mumie von Prinz Djedptahiufankh kommt. Die großen Augen, die dunkle Haut und der dünne Körper erinnern ihn an die Gestalt seines Vaters, die er von ihm vererbt bekommen hat. Er steht schockiert vor der Mumie, sich seinen Vater wünschend, der jung verstorben war, um ihn ebenfalls einbalsamieren und ihn immer sehen zu können. 

„Wie ich dich vermisse, Vater! Wie sehr ich dich sehen möchte! Wie ich es bereue, dich angeschrien zu haben, wenn ich wütend war! Dass ich gegen etwas rebelliert habe, was du nicht besser hast machen können, weil du nicht genug Geld hattest! Vater, du hast mich verlassen und nun lebe ich von der Nächstenliebe. Ich konnte mich immer an deine Schulter lehnen. 

Er starrt sie an, als ob er das Gefühl hätte, sie zu berühren. Nicht einmal das Rufen seiner Mitschüler hört er, die ihm zurufen, weiter in einen anderen Raum zu gehen. Leider …und auch der Lehrer hat sich nicht mehr an ihn erinnert. 

 

Der Junge ist allein, starrt noch immer auf die Mumie und reibt seine Finger an seiner Haut. Er denkt an die Zukunft. Eines Tages wird er schrecklicher aussehen als diese Mumie, seine Hände, seine Knochen, sein gesamter Körper wird zu Sand zerfallen. Er beginnt zu zittern, erschrickt, sieht sich um, findet aber niemanden um sich und geht davon. Immer wieder hält er Ausschau nach seinen Freunden und Mitschülern, aber er sieht immer wieder Dinge, die ihn begeistern und beeindrucken, bis ihn seine Beine in einen anderen Raum tragen und dort inne halten lassen. Der Raum war nur wenig beleuchtet, mit hohen vergitterten Fenstern, er fühlt sich als wäre er im Gefängnis. Auf die vergitterten Fenster starrend, sieht er die Mumie wieder vor sich und die Götterstatuen um sich. Daher bittet er die Götter, ihn in eine Fliege zu verwandeln, um durch die vergitterten Fenster des ägyptischen Museums ausbrechen und die Freiheit einatmen zu können. 

 

Hier – nun bist du eine weibliche Fliege und bist frei – flieg unter der Sonne Ägyptens, die jeden Tag aufs Neue wiederkehrt, und die schwüle Luft wird dich schnell zur Lebensader Ägyptens treiben ...

Taschenbuch, 275 Seiten
Preis: 20 EUR (inklusive Versandkosten)